Quantcast
Channel: im Landkreis REG - Onlinemagazin da Hogn
Viewing all articles
Browse latest Browse all 509

Fromholzers Blaudruck-verfahren: Handwerkskunst für die Nische

$
0
0

Ruhmannsfelden. Es umgibt ihn eine Aura der Zeitlosigkeit und der Tradition. Seine Wurzeln ragen tief ins Herz des Bayernlands hinein. Und er ist einer der Letzten seiner Zunft. Josef Fromholzers Herkunft lässt sich weit zurückverfolgen. Die Pfarrei Vilshofen führt bereits im Jahre 1648 einen gewissen Gottfried Fromholzer als „kunstreichen Meister“ des Färberhandwerks. Später zogen die Vorfahren nach Straubing. Im Jahr 1821 kaufte ein weiterer Ahnherr, Alois Fromholzer, schließlich das Ruhmannsfeldener Unternehmen, auf das die aktuelle Färberei und Textil-Handdruckerei zurückgeht.

Das Model 318 und der dazugehörige Abdruck – echte Handwerkskunst aus dem Hause Fromholzer. Fotos: Bernhard Holzapfel

Noch heute werden in dem Familienbetrieb Webwaren auf traditionelle Weise veredelt. Besonders das Blaudruckverfahren spielt dabei eine wesentliche Rolle. „Die Allgemeinheit spricht man damit nicht an“, gibt Seniorchef Josef Fromholzer zu bedenken. „Es sind Liebhaber, die unsere Produkte kaufen.“ Und während er davon erzählt, wie die Familie dieses kunstvolle Handwerk in der heimischen Druckerei pflegt, wird seine eigene Liebe zum Brauchtum deutlich.

Indigo – der „König der Farbstoffe“

Mit Bedauern räumt er ein, dass der Blaudruck für den Einzelhandel wenig interessant sei, da man dort keine Produkte mehr auf Lager halte. Das schnelle Geschäft werde allerorts bevorzugt. Selbst in München hätten die ähnlich arbeitenden Druckereien aufgeben müssen. Sogar die Firma Wallach, mit der die Familie aus dem Bayerwald Geschäftsbeziehungen unterhielt. Doch Josef Fromholzer hat deren Druckmuster erhalten und kann seither die ehemaligen Wallach-Kunden weiter bedienen. „Nachfahren der Familie Wallach möchten eine Stiftung gründen, um das Andenken zu bewahren“, weiß er zu berichten.

Wird der Familienbetrieb weitergeführt werden? Josef Fromholzer weicht der Frage aus: „Momentan funktioniert es noch.“ Er zögert. „Es muss sich ergeben.“

Das Blaudruckverfahren zeigt sich durchaus erhaltenswert und aufwendig. Denn zum Färben der Stoffe wird unter anderem Indigo verwendet, der „König der Farbstoffe“. Dieser kann nicht einfach aufgetragen werden. Den wasserunlöslichen Farbstoff muss man erst in einer Lauge weiter verarbeiten. Dadurch verändert er seine Farbe ins Gelbliche. Jene Lösung wird dann zur Färbung der Stoffe verwendet. Erst an der Luft wird das behandelte Gewebe letztlich blau. In mehreren Durchgängen entsteht so die Farbe Indigo. Natürlich gibt es viele weitere Farben, die in den verschiedenen traditionellen Arbeitsschritten verwendet werden. Und neuere, chemische Verfahren, die die Produktion nach und nach vereinfacht haben.

Der tatsächliche Druck wird im Betrieb der Familie Fromholzer in unterschiedlichen Arbeitsgängen vorgenommen. So kann im Reserve-Druckverfahren ein Bereich des Stoffes mit sogenanntem „Papp'“ für eine Farbe unempfänglich gemacht werden. Wird das Gewebe anschließend in ein Farbbad getaucht, nimmt der vorbehandelte Bereich die Farbstoffe nicht auf. Im Modeldruck hingegen wird die Farbe direkt auf den Stoff aufgetragen, ähnlich der Arbeitsweise eines Stempels. So oder so sind traditionelle Verfahren zur Textilveredelung sehr aufwendig.

„Die Zukunft liegt in China“

Josef Fromholzer erzählt fast ehrfürchtig von der langen Ausbildung, die seine Vorfahren durchlaufen mussten. Ihre Kenntnisse wurden damals auf Wanderschaft erworben. Sein Urgroßvater sei bis nach Königsberg gereist. Zweieinhalb Jahre lang hatte er dem Urenkel gelernt, gearbeitet und sein Wanderbuch vervollständigt. Dazu wurden erlernte Fähigkeiten eingetragen, Muster eingeklebt und die Lehrbetriebe dokumentiert.

Um jedoch konkurrenzfähig zu bleiben, mussten nach und nach moderne Maschinen angeschafft und aktuelle Arbeitsmethoden eingeführt werden. „Die Zukunft liegt in China“, sagt Josef Fromholzer. Heutzutage werde mittels Digitaldruck die Farbe nur noch „aufgespritzt“. Doch auch hier werde der wesentliche Umsatz in Fernost gemacht. „Nur für Nischenprodukte ist noch Platz in Deutschland.“

Und dazu zählt er auch den Blaudruck. Besonders mit Feriengästen unterhalte die Firma Geschäftsbeziehungen, die teils bis in die 50er Jahre zurückreichen. Es gebe noch Menschen, die traditionelle Handwerkskunst zu schätzen wissen. „Nicht nur bei uns, sondern auch in Norddeutschland gibt es noch den alten Blaudruck.“ Und tatsächlich findet sich zum Beispiel im Dörpmuseum Münkeboe in Ostfriesland eine eigene Abteilung für diese klassische Handwerkskunst.

 „Alte Muster aus verschiedenen Epochen sind zeitlos“

Auch Josef Fromholzer ist für solche Museen dankbar. Da der Einzelhandel wenig Interesse an althergebrachtem Handwerk zeigt, sind es neben Geschäften für Kunstgegenstände vor allem Museen, die die Decken und Taschen des Ruhmannsfeldener Unternehmens verkaufen. Sogar im fernen Frankfurt werden die veredelten Textilien aus dem Bayerwald ausgestellt. Natürlich können auch im Stammsitz im Landkreis Regen die produzierten Tischwäsche- und Kleinartikel erstanden werden. Rund 30 Euro muss man für eine Tischdecke bezahlen. Für etwa 20 Euro erhält man eine schön bedruckte Leinentasche.

Geselle Willi Preiss beim Modeldruck.

Josef Fromholzers Liebe zum Handwerk ist förmlich spürbar. Eine Besonderheit in der schnelllebigen Gesellschaft von heute. Viele Jahre reichen sein Gesellenbrief und die weiterführenden Ausbildungen zurück. Jahre, die nicht immer einfach waren. Der Zweite Weltkrieg und die anschließende Gefangenschaft haben ihre Spuren hinterlassen. Doch Josef Fromholzer hat sich angepasst. Eine Eigenschaft, die sich auch im Textildruck findet. „Alte Muster aus verschiedenen Epochen sind zeitlos, weil sie sich an den Raum anpassen“, erzählt er begeistert. „Meist sind es ja florale Motive oder Bilder aus dem kulturellen Leben.“ Und während er diese aufzuzählen beginnt, wächst die Sympathie für die jahrhundertelange Tradition des Handwerks, die durch Familie Fromholzer in der Gegenwart angekommen ist.

Andreas Reichelt

The post Fromholzers Blaudruck-verfahren: Handwerkskunst für die Nische first appeared on Da Hog’n - Onlinemagazin ausm Woid.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 509