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Daniela Agostini: „Jeder Gipfel hat einen eigenen Charakter“

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Arberland. In der BR-Dokureihe „7 Gipfel Bayerns“ werden die höchsten Erhebungen der bayerischen Regierungsbezirke und die dort lebenden Menschen porträtiert. Die Filmemacherin und Regisseurin Daniela Agostini nahm sich unter anderem den Großen und den Kleinen Arber vor. Im Hog’n-Interview berichtet sie über die mysteriösen Kuppeln am Großen Arber und wie es ist, das eigene Werk nach einem Jahr Arbeit gemeinsam mit Freunden und Kolleginnen im Fernsehen zu schauen.

„Ich wollte einen neuen Blick auf einen für mich unbekannten Gipfel werfen. Das war die Herausforderung und letztlich auch das Faszinierende daran“, sagt Daniela Agostini im Hog’n-Interview. Foto: Hog’n-Archiv

Da Hog’n: Daniela Agostini, wieso der Kleine und der Große Arber?

Daniela Agostini: Ich war schon das ein oder andere Mal im Bayerischem Wald, aber ich war noch auf keinen der beiden Gipfel. Genau das hat mich besonders interessiert: das Unbekannte zu entdecken, es gemeinsam mit den Zuschauern zu entdecken. In der Dokureihe gibt es ja insgesamt fünf Filme. Ich hätte auch die Zugspitze machen können – da hätte ich persönlich mehr Bezug, aber mich interessiert eher das Unbekannte. Ich wollte einen neuen Blick auf einen für mich unbekannten Gipfel werfen. Das war die Herausforderung und letztlich auch das Faszinierende daran.

Ein Blick ins Innere des Wahrzeichen des Großen Arbers

Die große Unbekannte am Großen Arber sind die beiden Kuppeln am Gipfel. Was haben Sie darüber herausgefunden?

Die spielen natürlich eine Rolle im Film, die sind ja zum Wahrzeichen des Großen Arbers geworden. Die gehören der Bundeswehr und wurden 1983 in Betrieb genommen. Sie dienten der Überwachung des Flugverkehrs im sogenannten Ostblock und waren Teil der NATO-Luftverteidigung entlang des Eisernen Vorhangs. Das ist wirklich interessant, denn alle kennen diese Kuppeln von außen, aber die allerwenigsten waren jemals in dieser Kuppel drinnen. Das war natürlich für mich der Grund, dass ich unbedingt reinschauen musste!

Das hat funktioniert?

„Unter einer Kuppel ist eine große Radaranlage, in der zweiten sind Funkanlagen.“ Foto: Hog’n-Archiv

Wir haben mit der Bundeswehr Kontakt aufgenommen und ich habe mit der Dienststelle gesprochen – sie waren sehr kooperativ. Wir bekamen sofort eine Drehgenehmigung. Die Bundeswehr hat dann sogar den Radar für eine Stunde aus dem System genommen, damit wir überhaupt in die Kuppel für die Aufnahmen der Radaranlage gehen konnten.

Wie schaut’s da drin aus?

Es gibt ja zwei Radome – unter einer Kuppel ist eine große Radaranlage, in der zweiten sind Funkanlagen. Darunter sind aber nicht nur Anlagen der Bundeswehr, sondern da können sich Funkanbieter einmieten. Da ist auch der Bayerische Rundfunk vertreten, verschiedene andere Sender, die Telekom und so weiter. Heute dienen die Kuppeln der Kontrolle des zivilen Luftverkehrs in Deutschland – es ist die höchstgelegene Dienststelle der Bundeswehr, die noch dazu rund um die Uhr besetzt ist.

Typisch gibt’s nicht

Wie darf man sich so einen typischen Drehtag vorstellen?

Es ist der Charakter eines Drehtages, dass man den ganz genau durchgeplant hat – und dann doch alles anders läuft (lacht). Nein, im Ernst: Der typische Drehtag sieht so aus, dass man meistens sehr früh aufsteht, gerade wenn man draußen und im Sommer dreht. Morgens und abends gibt es die schönsten Lichtstimmungen. Man weiß dann natürlich schon, wo man am nächsten Morgen hin möchte, um dort Landschaftsaufnahmen zu machen.

„Man weiß dann natürlich schon, wo man am nächsten Morgen hin möchte, um dort Landschaftsaufnahmen zu machen.“ Foto: Hog’n-Archiv/ Marco Felgenhauer

Oder man hat einen Termin mit einer Protagonistin oder einem Protagonisten. Man begleitet sie etwa bei ihrer Arbeit oder bei Aufgaben, die sie zu erledigen haben. Man ist dann eigentlich den ganzen Tag unterwegs, hat Termine und Motive, die man drehen möchte – und kommt dann abends irgendwann ins Hotel. Meist kopiert man noch die Daten, isst noch was – und fällt müde ins Bett.

Das klingt ziemlich anstrengend…

Man hofft natürlich, dass man alles erledigen konnte, was nicht immer der Fall ist, weil das Wetter oder die Leute nicht mitspielen. Jeder Drehtag ist anders – so richtig typisch gibt’s nicht. Man muss gewappnet sein, schnell Entscheidungen treffen, weil eben viele Dinge dann doch nicht so laufen, wie man sich’s wünscht.

„Ich habe auch den Kleinen sehr zu schätzen gelernt“

Wie lange braucht so eine Produktion von der Idee bis zur Ausstrahlung?

Mit der Recherche ging’s so richtig los im Frühjahr vergangenen Jahres. Ein solches Projekt beginnt dann mit telefonischer Recherche, Literatur- und Onlinerecherche. Mit dieser Idee im Kopf fährt man dann in die jeweilige Region, trifft Leute, schaut sich Orte an. Daraus entwickelte sich dann – etwa im Mai – das finale Konzept. Im Anschluss werden die Dreharbeiten vorbereitet, die Fahrerlaubnisse von der Forstbehörde eingeholt, die Genehmigungen für Flugaufnahmen, von der Bundeswehr – das ist ziemlich viel Bürokratisches. Außerdem müssen die Termine für die Aufnahmen mit den Leuten vereinbart werden. Wirklich gedreht haben wir am Großen Arber dann eine Woche im August und nochmal im September. 

Was wird Ihnen von diesem Dreh ganz besonders in Erinnerung bleiben?

Kleiner Arber mit Chamer Hütte (Mitte). Foto: Hog’n-Archiv

Was ich wirklich beeindruckend fand, ist, dass wirklich jeder Gipfel so seinen ganz eigenen Charakter hat. Alle kennen den Großen Arber, wenige den Kleinen Arber, der ja oft nur als kleiner Bruder gesehen wird. Aber ich habe auch den Kleinen sehr zu schätzen gelernt. Die Schäden, die durch den Sturm Kyrill im Jahr 2007 entstanden sind, mit den vielen entwurzelten Bäumen, sieht man gerade durch die Luftaufnahmen sehr deutlich. Aber wenn man dann dort ist, ist die Landschaft trotzdem beeindruckend schön! Wie sich die Natur das zurzeit zurückerobert, wie sich dort die Flora und Fauna neu entwickelt – das war für mich eine Entdeckung!

Ausgestrahlt wird der Film am 14. April. Sitzen Sie da dann auch vorm Fernseher?

Ja, natürlich (lacht)! Oft schau ich das sogar mit Freundinnen, Kollegen, mit Protagonistinnen und Protagonisten aus der Gegend zusammen an. Das ist ein schönes Erlebnis!

Nicht nur das Furchtbare

Man kennt von Ihnen „The Tree Workers Case„, wo es um die Ausbeutung von Forstarbeitern geht, oder „Verliebt, Verlobt, Verprügelt„, was von Gewalt in Partnerschaften handelt. Also alles eher harter Tobak. Was macht im Gegensatz dazu den Reiz von Naturdokus aus?

Ich würde es vielleicht gar nicht so als Naturdoku bezeichnen. Es ist im Endeffekt ein Film über Regionen und die Menschen in diesen Regionen. Der Reiz ist wirklich, dass man einfach viele beeindruckende und auch berührende Dinge kennenlernt und in die Lebenswelt dieser Menschen eintauchen darf. Man lernt, dass es auch noch schöne Dinge gibt – nicht nur Furchtbare wir gerade aktuell mit der Corona-Pandemie und dem schrecklichen Krieg in der Ukraine. Das Schöne ist, man sieht, wie die Menschen dort mit ihrer Region oder ihrem Berg verbunden sind und viel dafür tun, dass es so schön bleibt.

Filmemacherin Daniela Agostini, geboren in Bozen, lebt und arbeitet heute in München. Foto: new.agostinifilm.de

Abschließend: Welche Projekte stehen in nächster Zeit bei Ihnen an?

Ich bin derzeit an einem weiteren – auch sehr schönen – Projekt dran. Ich mache einen langen Film für den SWR über Gärten und die Vegetation in den Alpen. Ich habe mir da zehn verschiedene Regionen ausgesucht mit unterschiedlichsten Gärten. Da freue ich mich schon sehr! Denn die Alpen sind ein so vielfältiges Gebiet – mit unglaublich vielen kleinen Lebensräumen und mit einer Flora und Fauna, die wirklich beeindruckend ist. Die Menschen sind auch geprägt von dieser Landschaft und dieser Natur. Im Grunde ist es vergleichbar mit den Sieben Gipfeln.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute!

Interview: Johannes Greß

Zur Person:

Daniela Agostini, geb. 1969, lebt in München und arbeitet seit 2000 als selbständige Autorin und Regisseurin für Dokumentarfilme, Dokumentationen und Reportagen, u.a. für ARD, ZDF, BR und SWR. Für ihren Film The Tree Workers Case wurde ihr beim Internationalen Filmfestival für Menschenrechte in Kirgistan vom UN-Menschenrechtsrat der Preis für „Beste Regie“ verliehen. Für die Dokureihe „7 Gipfel“ des Bayerischen Rundfunks porträtierte sie den Kleinen und den Großen Arber und den Hesselberg (Mittelfranken).

Der erste Teil der Reihe wird am Donnerstag, 14. April, um 20:15 Uhr ausgestrahlt. Folge 3 über den Großen und den Kleine Arber folgt am Samstag, 16. April, 19.15 Uhr.

The post Daniela Agostini: „Jeder Gipfel hat einen eigenen Charakter“ first appeared on Da Hog’n - Onlinemagazin ausm Woid.

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