Zachenberg. „Das ist ein Lebensgefühl – alte Autos schaffen Verbindung.“ Davon ist Andrea Wackerbauer, stolze Besitzerin eines VW Käfers 1500 Automatik, überzeugt. Sie spricht aus eigener Erfahrung – und weiß: „Sie sind mehr als nur ein Transportmittel. Die Menschen rund um diese Autos halten noch zusammen – etwas, das selten geworden ist in der heutigen Zeit.“ Teil 3 unserer Hog’n-Serie „Altes Blech“.

Früher diente der VW Käfer Andrea Wackerbauer als Alltagsauto. Und obwohl sie mittlerweile eine Alltagsalternative fährt, nimmt sie für den Ausflug zur Eisdiele am Sonntag lieber den Käfer… Foto: sophiegraphie
Aus der Landeshauptstadt München hat es Andrea Wackerbauer der Liebe wegen vor fünf Jahren in den Bayerischen Wald, genauer gesagt nach Zachenberg im Landkreis Regen, verschlagen. Ihren Käfer hat die beruflich als Physiotherapeutin und Osteopathin für Pferde tätige 43-Jährige seit 1999, also schon ein gutes Vierteljahrhundert. „Ich habe das Auto aus erster Hand gekauft“, erinnert sie sich, „mit 33.000 Kilometern auf dem Tacho“. Der VW war zu dem Zeitpunkt 30 Jahre alt – und sie gerade einmal 18. Seitdem sie bei ihrem Mann im Bayerwald lebt, ist das Fahrzeug nur selten bis gar nicht bewegt worden, was sie sehr schade findet. Warum das so ist, erzählt sie in folgendem Interview:
Geschichten, die die Autos erzählen
Andrea: Was ist aus deiner Sicht das Besondere an deinem Fahrzeug? Was macht die Faszination für „altes Blech“ aus?
Die alten Autos verkörpern ein Lebensgefühl vergangener Zeit. In der Generation meiner Eltern bzw. Großeltern hat jeder eine Käfergeschichte auf Lager. Der Käfer war ein Zeichen für steigenden Wohlstand und Unabhängigkeit. Auf zahlreichen Fotos meiner Großeltern und Eltern sind Autos zu sehen – immer verbunden mit einer Geschichte. Was wurde mit diesem Auto erlebt? Bereits als Kind waren die Geschichten für mich Teil meines Lebens.
Ich wollte mit 18 kein seelenloses, neues Ding fahren, sondern auch ein Auto, mit dem ich Geschichten erleben kann. Egal, wo ich mit dem Auto hinkomme, immer bleiben – meist ältere – Menschen stehen und sagen mit glänzenden Augen: „So einen hatte ich auch, aber in grün…“ Und dann stehe ich da und höre mir die Geschichten an. Mein kleiner rote Käfer verbindet Generationen – und viele Geschichten, die ich durch ihn hören durfte, sind einfach wundervoll. Sie handeln von Hochzeiten, Urlauben, Familien, aber auch traurigen Schicksalen. Schade, dass ich sie nie aufgeschrieben habe.
Wie viel Zeit wendest du für dein Hobby „Altes Blech“ auf? Erzähl einfach mal…
Früher habe ich den Käfer im Alltag gefahren. Für den Winter hatte ich immer ein Winterauto. Irgendein alter Schinken, den ich vor dem Winter billig gekauft und im Frühling wieder verkauft habe. Nachdem ein Baum meinen Käfer fast vollständig zerstört hat, stand er lange rum. In der Zeit habe ich ein modernes Alltagsfahrzeug in mein Leben gelassen und auch durchaus schätzen gelernt, wie angenehm eine Servolenkung, ABS und Sitzheizung sind. Früher bin ich mit einem passenden Wohnwagen – einem Eriba Familia, Baujahr 1965 – mit dem Auto in den Urlaub gefahren. Diese Zeit fand auch irgendwann ein Ende und ich habe das Auto nur noch zum Spaß bewegt. Mein Ex-Mann war früher Kfz-Mechaniker. Er war für die Technik zuständig, ich fürs Fahren.
Nach meiner Scheidung habe ich mir mit meinem heutigen Mann einen kleinen Hof gekauft. Die Haussanierung kostet uns so viel Zeit und Geld, dass der Käfer seit einigen Jahren in der Garage schlummert. Ich hoffe, ihn 2025 wieder fahren zu können.
„Für die Eisdiele nehme ich trotzdem lieber den Käfer“
Kann man in deinem Fall schon von einer Art „Sucht“ für Oldtimer-Fahrzeuge sprechen?
Früher ja, heute muss ich meine Zeit einteilen. Ich habe noch andere Leidenschaften, wie meine Pferde oder meine Frettchen. Irgendwo muss man Abstriche machen. Ich hatte zeitweise drei Käfer(-baustellen). Die zwei anderen habe ich verkauft.
Welchen Stellenwert hat für dich der Austausch über die Fahrzeuge in der Gemeinschaft, sprich: mit anderen Altblech-Liebhabern?
Dieses Interesse habe ich nicht. Früher war ich in einem Verein, aber heute habe ich die Zeit nicht mehr für so etwas. Die Zeit war toll! Die Oldtimerszene ist voller interessanter Menschen. Aber entweder richtig – oder gar nicht. Ab und zu fahre ich noch zu Treffen oder Veranstaltungen, mehr ist zeitlich leider nicht machbar.
Was macht den Unterschied für dich aus zwischen einem Fahrzeug älteren Baujahrs und den Autos von heute?
Bei alten Autos ist der Weg das Ziel. Man nimmt sich Zeit, erlebt vieles bewusster. Beim neuen Auto kommt man entspannt und schnell an. Auch das hat durchaus Vorteile und kann ich sehr schätzen. Für den Ausflug zur Eisdiele am Sonntag nehm ich trotzdem lieber den Käfer.
Welche Veränderungen hat es deiner Meinung nach in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren gegeben in Sachen Altblech-Hobby? Was fällt dir auf?
Alles war bezahlbarer – und es gab massig Autos. Oft hat man aus drei Fahrzeugen eins gemacht. Die Schrauberszene war experimentierfreudig und hat wilde Dinge zusammengebaut. Ich finde generell, dass die alten Autos nicht mehr so häufig im Straßenbild zu sehen sind.
„Nachhaltig ist, wenn man Dinge lange benutzt“
Klimawandel und Nachhaltigkeit. Welche Rolle spielen diese Begriffe deiner Meinung nach in der Alt-Blech-Szene? Und: Wird man diesbezüglich kritisiert, wenn man alte Autos aus Überzeugung fährt?
Nachhaltig ist, wenn man Dinge lange benutzt. Was ist also nachhaltiger? Das Leasingfahrzeug, dass nach einem Jahr getauscht wird, oder das Auto, das über viele Jahr gefahren und repariert wird? Bei den wenigen alten Fahrzeugen, die im Alltag gefahren werden, denke ich nicht, dass diese in Sachen Verbrauch und Emissionen eine große Rolle spielen.

„Beim neuen Auto kommt man entspannt und schnell an“: Im Alltag fährt Andrea Wackerbauer einen Audi. Symbolfoto: pixabay/ bartoszbiront
Ein verbreitetes Klischee besagt, dass die Freunde von Audi, Golf, Opel und Co. gerne mal aufs Gas drücken und im Straßenverkehr überwiegend weniger Rücksicht auf andere nehmen? Ist es nur ein Klischee oder steckt auch ein Funken Wahrheit dahinter?
Ich fahre im Alltag einen Audi SQ7 und versuche mich rücksichtsvoll zu verhalten. Früher habe ich auch nicht verstanden, warum die Menschen, die solche Autos fahren, oft völlig unangepasst an die Straßenverhältnisse – z.B. bei Glätte – fahren. Heute sage ich: Ich merke es oft gar nicht, dass es glatt ist. Dieses Auto vermittelt mir null Gefühl für die Straße. Die ganzen Helferlein machen einen großartigen Job. Da die Physik trotzdem gnadenlos zuschlägt, merkt man es oft zu spät. Ich habe mir daher eine sehr defensive Fahrweise angewohnt. Fahre ich mit meinem Käfer 60 auf der Landstraße, ist es anstrengender und spektakulärer, als mit dem Audi bei 200 auf der Autobahn.
Ich denke auch, dass mich mein Alter hat ruhiger werden lassen. Es gab durchaus Autos besagter Marken, die ich in jungen Jahren eher sportlich gefahren habe.
Feiert Andreas Käfer heuer sein Comeback?
Abschließend: Was wünschst du dir für die Zukunft hinsichtlich deines Hobbys?
Ich wünsche mir, dass ich mein Auto 2025 wieder auf die Straße bekomme.
Vielen Dank für Deine Zeit und Mühen – und allzeit gute Fahrt!
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer