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Steiningers Unterschriften-Liste „ist mehr als eine hanebüchene Kampagne“

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Zwiesel. Und täglich grüßt das Murmeltier. Es scheint, als vergehe kaum noch ein Tag, an dem Zwiesels Bürgermeister Franz Xaver Steininger keine seiner Rund-Mails mit dem Betreff „Unterschriftenliste: Ausstieg aus der FNBW GmbH“ an Medien, Politiker und Beherbergungsbetriebe versendet. Mit fast manischer Akribie wurde auch das Onlinemagazin da Hog’n in den vergangenen vierzehn Tagen von Zwiesels Rathaus-Chef darüber auf dem Laufenden gehalten, wie viele Hotel-, Pensions- bzw. Ferienwohnungsbetreiber sich per Unterschrift gegen den Verbleib in der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald GmbH aussprechen – zuletzt am gestrigen Montagabend, an dem Steininger den inzwischen 9. Teil der ihm zufolge „immer länger“ werdenden Liste verschickt hat.

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Gut 30 Unterschriften von FNBW-Gegnern haben Bürgermeister Franz Xaver Steininger und seine Unterstützer in den vergangenen Wochen gesammelt. Screenshot: da Hog’n

Auch im sozialen Netzwerk Facebook veröffentlichte das politische Oberhaupt der Glasstadt bereits die Unterschriften der von ihm gesammelten FNBW-Gegner, die sich seinen Angaben zufolge mittlerweile auf fast 40 Betriebe (davon 29 handschriftliche und 11 mündliche Zusagen) bzw. knapp 80 Prozent der Übernachtungszahlen in Zwiesel belaufen. Steininger und seine Unterstützer sollen dabei, wie unsere stichprobenartige Umfrage unter den insgesamt 140 Zwieseler Beherbungsbetrieben ergeben hat (siehe unten), von Haus zu Haus unterwegs gewesen sein und den Vermietern ein Formular zur Unterschrift vorgelegt haben.

Welche konkreten Beweggründe die Unterschriftsleister für den Ausstieg aus der FNBW ins Feld führen, ist aus Steiningers Listen jedoch nicht ersichtlich – weshalb da Hog’n bei den ausstiegswilligen (sowie bei zufällig ausgewählten Vermietern) noch einmal vor dem heutigen „Showdown“ im Rahmen einer Sondersitzung des Stadtrats (Dienstag, 8.12.), in der über den Vertrag zum so genannten Teilbetriebsübergang an die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald GmbH entschieden wird, nachgefragt hat.

–> zu den Antworten der FNBW-Gegner (einfach klicken)

–> zu den Antworten der per Zufall ausgewählten Zwieseler Vermieter (einfach klicken)

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Am Dienstagabend soll der Zwieseler Stadtrat in einer Sondersitzung über den Vertrag zum so genannten Teilbetriebsübergang an die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald GmbH entscheiden. Foto: Stadt Zwiesel

 

Stichprobenartige Nachfragen bei den Unterschriftsleistern

„Zwiesel braucht wieder ein eigenes Prospekt“

„Wir sind für den Ausstieg aus der FNBW, weil uns der Nationalpark bis jetzt null gebracht hat“, äußert sich Edith Demmer vom seit 1988 bestehenden Aparthotel Zwiesel gegenüber dem Hog’n. Die Übernachtungszahlen und die Buchungsanfragen seien zurückgegangen, seitdem Zwiesel Mitglied der FNBW ist, sagt die Geschäftsführerin – „gefühlt um zehn Prozent“. Hinsichtlich der heute, 8. Dezember, stattfindenden Sondersitzung des Stadtrats denkt sie, „dass sich unsere Stadträte wieder durchsetzen werden“. Edith Demmert glaubt an den Vorschlag von Bürgermeister Steininger, dass Zwiesel die touristische Vermarktung wieder selbst in die Hand nehmen soll. Der Grund: „Weil ich denke, dass Zwiesel wieder ein eigenes Prospekt braucht – in dem momentanen Verzeichnis gehen wir total unter.“

„Sind ganz hinten auf der letzten Seite platziert worden“

steininger

„Er hatte das damals so erklärt, dass wir dadurch im Nachteil sind.“

In dieselbe Kerbe schlägt Elfriede Kronschnabl vom Erlebnisbauernhof „Süßhof“ in Zwiesel-Bärnzell. „Das Prospekt ist so dick – und wir sind ganz hinten auf der letzten Seite platziert worden“, teilt sie auf Hog’n-Nachfrage mit, warum auch sie und ihr Mann für den Ausstieg aus der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald unterschrieben haben. „Wir werden da überhaupt nicht mehr gefunden.“ Ihr zufolge gibt es insbesondere keine Anfragen mehr über das Serviceportal „Wintop“, einer Tourismus-Verwaltungssoftware, über die Buchungsvorgänge abgewickelt werden können und die von den Vermietern datentechnisch immer in Eigenregie gepflegt werden muss. Fünf bis sechs Anfragen habe sie zuvor pro Woche über die Tourismus-Verwaltungssoftware generieren können – „und da ist jetzt überhaupt nichts mehr“. Der Oktober sei „extrem schlecht“ gewesen.

Elfriede Kronschnabl könne sich des Weiteren an eine Versammlung erinnern, bei der Bürgermeister Steininger kritisierte, dass Zwiesel im Tourismus-Magazin „Waldgeist“ auf einer Karte (Seite 3) nicht als Erlebnisort gekennzeichnet wurde. Ein „Ringal“ um den Stadtnamen habe gefehlt – und ihr ebenfalls missfallen. „Oder wenn die Leute unter Langlaufloipe suchen, taucht Zwiesel auch nicht auf“, berichtet die Bauernhof-Betreiberin von einem weiteren, bei der Versammlung vom Zwieseler Bürgermeister vorgebrachten Gegenargument. „Er hatte das damals so erklärt, dass wir dadurch im Nachteil sind“, fügt Elfriede Kronschnabl an, die mit ihrer Familie seit genau 50 Jahren an Urlaubsgäste vermietet.

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Dass hier ein oranges „Ringal“ um den Namen der Stadt Zwiesel – und somit die Kennzeichung als „Erlebnisort“ fehlt, missfällt Bürgermeister Steininger und Elfriede Kronschnabl. Screenshot: da Hog’n / Waldgeist-Magazin

„Mit 250.000 Euro kann man nichts anfangen“

„Wir sind für einen Ausstieg aus der FNBW, weil wir zu wenig berücksichtigt werden – und weil man mit 250.000 Euro nichts anfangen kann“, nennt Georg Steininger, Inhaber des gleichnamigen, seit mehr als 40 Jahren existierenden Gästehauses in der Zwieseler Anton-Pech-Straße seine Gründe für die Unterschrift gegen den Verbleib in der FNBW. Einen Rückgang der Übernachtungszahlen könne er nicht feststellen seitdem Zwiesel Mitglied der GmbH ist – was Steininger darauf zurückzuführen sei, dass er generell sehr viele Stammgäste beherberge. „Aber über die Region selbst ist überhaupt nichts gekommen – über den Nationalpark haben wir überhaupt noch keinen Gast gehabt.“ Dies habe er anhand der eingehenden E-Mails aus den „Buchungsregionen“ feststellen können. „Es wird einem angezeigt, ob die Anfrage über booking.com oder über den TVO kommt.“ Was Georg Steininger, im Übrigen der Cousin von Bürgermeister Franz Xaver Steininger, außerdem nicht passt: „Wir sind in unserer Tourist-Info viel schlechter besetzt als zuvor. Wir haben Samstag und Sonntag keinen Mann mehr drinnen – das kann nicht sein.“

„Weil die anderen auch unterschrieben haben“

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Auf Unmut stieß Bürgermeister Franz Xaver Steininges Vorstoß, die Unterschriften der FNBW-Gegner auch im sozialen Netzwerk Facebook zu veröffentlichen. Screenshot: da Hog’n

Danach gefragt, warum sie sich per Unterschrift für den Ausstieg aus der FNBW ausgesprochen hat, antwortet Claudia Tröppl vom Campingplatz/Gasthaus Tröpplkeller schlicht und einfach: „Weil die anderen auch unterschrieben haben.“ Ihr habe es nicht gepasst, dass Bürgermeister Steininger ihre Unterschrift im sozialen Netzwerk Facebook veröffentlicht hat – „das geht niemanden etwas an, wer unterschreibt und wer nicht – das ärgert mich“.

„… weil wir den Nationalpark als Negativwerbung erachten“

„Wir möchten mit dem Unteren Wald nichts zu tun haben“, betont Maria Wenzl vom Familienbauernhof in Zwiesel-Bärnzell mit Nachdruck – und ergänzt sogleich: „Weil wir mit dem Oberen Bayerischen Wald werben möchten – und zwar mit der Arberregion und nicht mit dem Nationalpark, weil wir den Nationalpark als Negativwerbung erachten.“ Ihrer Ansicht nach interessiert das Thema Nationalpark die Leute nicht – höchstens ein bis zwei Prozent der Bevölkerung. Woher sie diese Zahlen hat? „Naja, man hört und liest.“

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„Junge Leute, die sagen, sie möchten was erleben – nicht diese Ruhe, das Brave, das Staade.“ Screenshot da Hog’n / familienbauernhof-wenzl.de

Über den Nationalpark kämen für ihren Betrieb keine Vermietungen zustande, sagt Maria Wenzl, die seit rund 30 Jahren Gäste beherbergt. Die Leute würden den Erfahrungen der Vermieterin zufolge eher zu einem „aktiveren Urlaub“ tendieren – nicht zu einem „passiven Urlaub mit Ruhe, toten Bäumen, Wandern und Erholung“, wie ihn der Nationalpark verkörpere.

Aus Skifahrern, Snowboardern und Langläufern setze sich Wenzls Haupt-Klientel zusammen, die bei ihr auf dem Bauernhof Urlaub mache. „Junge Leute, die sagen, sie möchten was erleben – nicht diese Ruhe, das Brave, das Staade.“ Generell sei sie zwar nicht gegen den Nationalpark – insbesondere ist sie vom „Baum-Ei“ begeistert -, jedoch erachte sie die Werbeschiene seitens der FNBW, die sich ja über den Nationalpark definiere, für ihren Betrieb als nicht förderlich.

 

Stichprobenartige Nachfragen bei Nicht-Unterschriftsleistern

„Stadt hat nicht genug Geld, um sich selbst zu vermarkten“

„Der Streit in der Stadt muss aufhören – und zwar sofort.“ Dafür spricht sich Frank Heumann von der Pension Sonnleit’n in Zwiesel-Klautzenbach aus – und fügt als Begründung hinzu: „Da wir bis 2017 so oder so keine Möglichkeit haben auszusteigen.“ Den Trubel um den Ausstieg aus der FNBW erachtet er als nicht angebracht. Die Argumente von Bürgermeister Steininger könne er nicht nachvollziehen, „weil es nicht verständlich ist. Herr Steininger möchte aus der FNBW aussteigen, um die Stadt Zwiesel selbst zu vermarkten. Die Stadt hat meiner Meinung nach definitiv nicht genug Geld, um dies zu bewerkstelligen.“ Eine Region könne sich Heumann zufolge viel besser vermarkten als eine einzelne Stadt. Er denkt, dass der Stadtrat in der Sondersitzung am Dienstagabend (8.12.) für die Unterschrift des Vertrages stimmen werde.

„Haben nur deshalb unterschrieben, damit sie ihre Ruhe haben“

Stefan Schall, seit 2002 Betreiber der Ferienwohnungen Haus Margarete & Landhaus Karin, spricht sich klar für den Verbleib in der FNBW aus. Der Grund: „Bis auf irgendwelche Boykott-Aufrufe hat man der FNBW bis dato nichts Positives zugetragen.“ Er ist der Meinung, dass man die verleibende Vertragslaufzeit der Stadt Zwiesel bei der FNBW (bis 2017) nutzen sollte, um „das Ganze positiv voranzutreiben“. Den Verantwortlichen bei der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald müsse mehr Zeit zugestanden werden, um sich entwickeln und den Tourismus in Ruhe aufbauen zu können. Der immer wiederkehrende Druck seitens Bürgermeister Steininger sei diesem Vorhaben nicht gerade zuträglich, so Schall. Aufgrund seines Handelns sieht er die Vermieter bewusst in zwei Lager gespalten.

Von Steiningers Unterschriften-Aktion zeigt sich Schall wenig begeistert. „Wenn Herr Steininger und seine Helfer von Haus zu Haus gehen, da bekommen sie zumeist auch ihre Unterschriften. Aber ich habe schon von einigen Kollegen gehört, dass sie nur deshalb unterschrieben haben, damit sie ihre Ruhe haben. Sie sagen, sie sind keine Politiker – und wenn dann irgendein Stadtrat in ihrem Haus sitzt und die Sachen von Herrn Steininger predigt…“, kritisiert Schall das offenbar penetrante Vorgehen des Rathaus-Chefs und seiner Helfer, um an die Anti-FNBW-Unterschriften zu gelangen.

„Das ist keine Diskussion, das ist einseitige Hetze“

„Ich denke schon, dass das Modell FNBW passt“, bricht auch Manfred Luderer vom Haus Farbenklang eine Lanze für die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald. „Ich finde es furchtbar, wie das derzeit ohne sachliche Diskussion zerredet wird von unseren Obrigkeiten – und leider auch von vielen Touristen.“ Die öffentliche Meinungsbildung, initiiert von Bürgermeiser Steininger, ist ihm zufolge zu einseitig, zu gesteuert. Eine Erkenntnis, die sich Luderer bei verschiedenen, von Zwiesels Stadtoberhaupt einberufenen Vermieterversammlungen eröffnet habe. Insbesondere bei der Zusammenkunft im Zwieseler Pfefferbräustüberl habe es Momente der Unsachlichkeit gegeben, in denen dem Zuhörer Dinge zu Ohren gekommen seien, bei denen „einem die Haare zu Berge gestanden sind“.

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„Verletzte Eitelkeit“ vermutet Manfred Luderer vom Haus Farbenklang hinter Bürgermeister Steiningers (Foto) vehementer Gegenwehr gegen die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald.

Gerade für die kleineren Vermieter führe Luderers Ansicht nach mittel- und langfristig kein Weg an einer gesamtheitlichen Vermarktung im Sinne der FNBW vorbei. Die Gegeninitiative Steiningers werde vor allem von den größeren Betrieben mitgetragen – „das hat mich schon sehr verwundert“.

Als regelrechtes „Schüren von Ängsten“ bezeichnet Manfred Luderer den Inhalt von Bürgermeister Steiningers siebter Unterschriften-Rund-Mail vom 4. Dezember, in der der Rathaus-Chef auf eine Nachricht von Ferienwohnungsbetreiberin Ilona Herzog („Zur Alten Mühle, Rabenstein) verweist. Darin heißt es: „Sehr geehrter Herr Bürgermeister, auch wir von der FeWo Zur Alten Mühle, Rabenstein sind für den Ausstieg. Sollte es nicht dazu kommen, werden wir die FeWo zum 30.09.2016 schliessen.“ Normalerweise erwarte man von einem Bürgermeister, dass er beruhigend auf die Sorgen der Vermieterin eingehe, so Luderer. Steininger hingegen instrumentalisiere die Ängste Herzogs für seine Propaganda gegen die FNBW. „Das ist mehr als eine hanebüchene Kampagne.“

Unter die Gürtellinie gehe seiner Meinung nach auch der Umgang mit FNBW-Geschäftsführerin Monika Dombrowsky. „Es wird seitens Herr Steininger so gut wie alles verhindert, um Kontakt zur Ferienregion herzustellen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Das ist keine Diskussion, das ist einseitige Hetze gegen die Ferienregion.“ Warum der Bürgermeister so agiere? „Er hat damals seinen Projektleiterstatus abgegeben, weil er nicht mit den Leuten klargekommen ist“, mutmaßt Luderer, der seit knapp zehn Jahren das Haus Farbenklang betreibt. Seiner Ansicht nach handelt es sich um Bürgermeister Steiningers „persönlichen Rachefeldzug“, der seinen Ursprung in der verletzter Eitelkeit des Rathaus-Chefs genommen – und mit der Sache an sich nichts mehr zu tun habe.

Ilona Herzog

Steininger instrumentalisiere Luderer zufolge die Ängste der Vermieter (wie hier von Ilona Herzog), um weiter Stimmung gegen die FNBW zu machen.

Auch er könne Stefan Schalls Information bestätigen, dass viele ihre Unterschrift nur deshalb geleistet hätten, „um ihre Ruhe zu haben“. Auch er sieht im Handeln von Bürgermeister Steininger und seinen Unterstützern vielmehr ein penetrantes Drängen auf die Unterschrift – und weniger einen bewussten Akt des Hotel- bzw. Pensionsbetreibers. Wer unterschreibe da nicht, wenn der Bürgermeister vor einem – und somit die Angst mit im Raum stehe, künftig ausgegrenzt zu werden.

Umfrage: Stephan Hörhammer

Anmerkung: Wie Stadtrat Walter Unnasch (CSU) per E-Mail am 1. Dezember dem Onlinemagazin da Hog’n mitteilte, habe er Bürgermeister Franz Xaver Steininger gebeten, ihm den Mailverteiler, den er der Rathaus-Chef bei der Verbreitung seiner Unterschriftenlisten an die Beherbergungsbetriebe nutze, zukommen zu lassen, „da auch wir uns an diese Betriebe wenden wollen“. Ergebnis laut Unnasch: „Leider wurde er uns von der Stadtverwaltung eine Vermieterliste verweigert.  Soviel zur Transparenz.“ Weiter richtete er sich an Steininger mit folgenden Worten: „Ich weiß, dass Sie viel beschäftigt sind, wie Sie immer sagen, aber der Aufwand wäre minimal gegenüber dem Einscannen von Unterschriften. Haben sie wirklich soviel Angst, dass die einseitig informierten Vermieter einmal eine andere Sichtweise der Sachlage mitbekommen?“


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