Kollnburg. „Gleich vorweg – für manche Ohren wird’s jetzt richtig hart! Und sagen Sie bloß nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt…“ Mit dieser, in Sachen Wortwahl nicht gerade zimperlichen Einleitung kündigt der RTL-Sprecher den jüngsten TV-Bericht zu Kollnburgs „singender Bürgermeisterin“ Josefa Schmid an. Das sei nunmal so beim „Trash-TV“, entgegnet einem die 42-jährige Bayerwald-Blondine, die nicht erst seit der öffentlichen Bekanntgabe ihrer gesanglichen Ambitionen („Tiziano“) in regelmäßigen Abständen medial für Aufsehen sorgt. Als „Werbefigur und Sympathieträger für die Region“ sieht sich die hauptberuflich als Beamtin des Staates tätige Rathaus-Chefin selbst, wie sie im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n berichtet. Aufgrund flexibler Arbeitszeiten könne sie ihren Job, ihr Amt und die Musik recht gut vereinbaren. Des Weiteren erkärt Josefa Schmid, warum sie für das Amt des Landrats kandidieren möchte, welche Lehren sie aus der Fahrerflucht-Affäre gezogen hat – und was sie denjenigen erwidert, die behaupten, dass sie so ganz und gar nicht singen könne…

Ganze 17 Jahre lang war Josefa Schmid Mitglied der CSU, kandidierte in dieser Zeit auch für den Bundestag. 2012 fiel sie jedoch „in Ungnade“, nachdem sie auf eigene Faust gegen den für die Landratswahl nominierten CSU-Kandidaten angetreten war. „Dann bin ich ausgetreten“ und seit September 2012 bei der FDP.
„Bisher hab ich ja noch nicht gesagt, dass ich antreten werde“
Frau Schmid, warum wären Sie die bessere Landrätin?
Eine interessante Frage, weil Sie mit der Fragestellung suggerieren, ich wäre eine bessere Landrätin. Ich selbst weiß das nicht. Ich weiß nur, was ich anders machen würde. Jeder Mensch hat seine eigene Note. Dass Frauen gute Politikerinnen sein können, wurde oft genug schon bewiesen. Ich bin durchaus am Überlegen, ob ich kandidiere, weil ich denke, dass mich meine Arbeit als Bürgermeisterin sowie meine zahlreichen beruflichen Erfahrungen für dieses Amt qualifizieren. Zudem bin ich sehr bodenständig und stehe gerne in Kontakt mit meinen Bürgern.
Wie schätzen Sie Ihre eigenen Chancen ein?
Das entscheidet der Bürger. Das ist das Schöne an der Politik, dass sie manchmal so unberechenbar ist.
Aber mit einer gewissen Grundüberzeugung, dass Sie es schaffen könnten, gehen Sie wohl schon an die Sache ran, oder?
Bisher hab ich ja noch nicht gesagt, dass ich antreten werde (lacht). Aber man darf bei jedem, der schon mal für dieses Amt kandidiert hat (im Jahr 2011, als Michael Adam als Wahlsieger hervorging – Anm. d. Red.), ein grundsätzliches Interesse voraussetzen.
Wann fällt Ihre definitive Entscheidung?
Ich werde auf jeden Fall rechtzeitig Bescheid geben und alle Fristen einhalten.
„Das wird auch bei den Urlaubsgästen gut angenommen“
In der breiten Öffentlichkeit sind Sie ja als „Kollnburgs singende Bürgermeisterin“ bekannt – wobei die Wahrnehmung als Sängerin über ihre politische Arbeit mehr und mehr zu dominieren scheint. Stört Sie das eigentlich?
Mir ist wichtig, wie mich meine Kollnburger Bürger sehen – und die nehmen mich als Bürgermeisterin wahr, weil ich für sie vor Ort da bin. Wenn ich überregional für Schlagzeilen sorge und, wie vor Kurzem etwa, im Bayerischen Fernsehen in der „Abendschau“ oder bei RTL zu sehen bin, betrachte ich das als positive Werbung für die Region.
Sie treten dann sozusagen als Werbefigur für den Bayerischen Wald in Erscheinung?
Das kann man so sehen. Das könnte ja auch negativ ausgelegt werden, was zum Glück nicht passiert. Ich stand mit der jüngsten dpa-Meldung über die singende Bürgermeisterin auf den Titelseiten sehr vieler Zeitungen quer durch die Republik – von Hannover, Dresden und Leipzig bis nach Baden-Württemberg. Das wird insbesondere auch bei den Urlaubsgästen gut angenommen.
Gerät durch das Gesangliche Ihre Aufgabe als Bürgermeiserin aus Ihrer Sicht eigentlich in den Hintergrund?
Bei mir gibt es klare Prioritäten. Mein Hauptberuf, also meine Beamtentätigkeit, kommt an erster Stelle. Danach folgt das Ehrenamt als Bürgermeisterin, das vom zeitlichen Aufwand her gesehen sehr anspruchsvoll ist. Und mein Ausgleich, sprich: Freizeit und Hobby, ist der Gesang und die Musik.
„Angebot liegt vor, das Verfahren gegen Geldauflage einzustellen“
Ihr Leben besteht ja nun nicht immer nur aus Musik und Gesang, sondern auch aus mal eher negativen Vorkommnissen, wie zuletzt der Vorfall mit der Fahrerflucht, wegen dem Sie sich vor Gericht verantworten mussten. Wirft das ein schlechtes Licht auf Ihre Person?
Wieso negativ? Ich hoffe, Sie haben mitbekommen, dass ich in erster Instanz freigesprochen worden bin. Die Staatsanwaltschaft hat zwar Berufung eingelegt, gleichzeitig liegt das Angebot vor, das Verfahren gegen Geldauflage einzustellen.
Von wem kam das Angebot?

„Positive Werbung, wenn ich als Sympathieträger für die Region dargestellt werde, ist mir freilich recht.“
Vom Landgerichtspräsidenten, der für die Berufungsverhandlung verantwortlich zeichnet. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle unsere Energie auf die Bewältigung drängenderer Probleme verwenden sollten.
Ist Ihnen der Medienhype zuwider – oder kommt er Ihnen manchmal auch ganz gelegen?
Positive Werbung, wenn ich als Sympathieträger für die Region dargestellt werde, ist mir freilich recht. Derlei Nachrichten jedoch, bei denen ich von meinem juristischen Verständnis her der Meinung bin, dass hier schon längst der Aktendeckel hätte zugeklappt werden müssen, empfinde ich als störend. Das bräuchte ich nicht. Aber es liegt nicht in meiner Hand.
Aber ist es nicht oft so, dass Sie von den Medien profitieren und umgekehrt? Sprich: das Sie mit den Medien eine Art symbiotisches Verhältnis pflegen?
Ich denke schon, dass man das so feststellen kann. Was die ’singende Bürgermeisterin‘ anbelangt, ist es mir bei meiner neuen Jazz- und Swing-Nummer nicht vordergründig um das Mediale gegangen. Das hat sich so nebenbei entwickelt. Ursprünglich ist ‚Mein Lied‚ als Bewerbung für ein etabliertes Musik-Label gedacht gewesen. Ich wollte damit meine musikalische Bandbreite erweitern und zeigen, in welche Richtungen ich gehen kann.
„Ich muss sehr genau darauf achten, wem ich vertrauen kann“
Überlesen Sie eigentlich negative Nachrichten? Belasten Sie diese? Oder sind Ihnen diese Schlagzeilen egal? Wie gehen Sie damit um?
Ich bin ein von Grund auf positiv denkender Mensch und versuche zu reflektieren. Ich versuche, selbst aus etwas Negativem etwas Positives abzuleiten. Aus dieser Fahrerflucht-Geschichte, die mir da angedichtet worden ist, habe ich für mich die Lehre gezogen, dass ich sehr genau darauf achten muss, wem ich vertrauen kann.
Mit „Tiziano“ machte die „singende Bürgermeisterin“ das erste Mal auf sich aufmerksam:
Wie, denken Sie, erachten die Kollnburger Bürger die Tatsache, dass ihre Bürgermeisterin immer wieder mal in der BILD-Zeitung zu sehen ist?
Ich gehe davon aus, dass auch in Kollnburg BILD-Zeitung gelesen wird. Manchmal höre ich, wie sie mit gewissem Stolz in der Stimme vermerken, dass Kollnburg in einer so großen Zeitung steht.
„Man darf nicht alles glauben, was in der Zeitung steht“
Zurück zur Musik: Welche gesanglichen Vorbilder haben Sie?
Direkte Vorbilder habe ich nicht, weil ich meinen eigenen Weg gehen möchte. Inspirieren lasse ich mich momentan jedoch im mystisch-melancholischen Bereich von der britischen Popsängerin Adele. Im Pop-Schlagerbereich sind dies vor allem Ella Endlich und Beatrice Egli.
Welche musikalische Vorbildung haben Sie?
Ich stamme aus der echten Volksmusik. Ich habe mit meinen Geschwistern über viele Jahre hinweg landauf landab Volksgesang und Volksmusik gemacht, wir sind auch im Fernsehen aufgetreten. In meiner Kinder- und Jugendzeit durfte ich zehn Musikinstrumente erlernen. Während meines Studiums in Passau habe ich eine Kantorenausbildung absolviert. Und als ich Bürgermeisterin geworden bin, habe ich den Geburtstagsjubilaren gerne mit der Diatonischen Harmonika ein Ständchen gespielt – was sehr gut angekommen ist. Dadurch ist auch der Wunsch an mich herangetragen worden, ich solle doch auch mal ein Lied auf Tonträger aufnehmen.
Und so habe ich mich schließlich für ein Vocal-Coaching entschieden und bin ins Tonstudio gegangen. Mein erstes Musikvideo war dann das Reinhard-Fendrich-Cover ‚Weilst a Herz host wia a Bergwerk‘ im Jahr 2013. Meine beiden ersten eigenen Songs sind der Sommer-Popschlager ‚Tiziano‘, der im vergangenen Jahr erschienen ist – und das erschienene ‚Mein Lied‚, eine Jazz- und Swingnummer. Musik war immer ein Thema in meinen Leben. Das ist nichts Aufgesetztes. Das war immer schon meine Freizeitbeschäftigung, um meine Akkus aufzuladen.
Nun gab es ja auch schon einige, eher belächelte „Guerilla“-Auftritte von Ihnen – zum Beispiel beim Viechtacher Bürgerfest -, bei denen Sie die Bühne quasi von jetzt auf gleich für sich in Beschlag nehmen. Sind weitere solcher Auftritte geplant?
(lacht) … ein schöner Begriff. Aber im Ernst: Ich hab‘ das nicht nötig, dass ich irgendwo auftrete, wo ich nicht eingeladen bin. Beim Bürgerfest bin ich von einem griechischen Gastronomen eingeladen worden, auf seiner Privatbühne aufzutreten und zu singen.
Man darf nicht alles glauben, was in der Zeitung steht. Das Ganze wurde von der PNP einmal mehr um der Schlagzeile willen gepusht. Dem Leser ist suggeriert worden, dass mein Auftritt seitens der Stadt genehmigungspflichtig gewesen sein soll. Aber ich bin damals eben nicht auf der offiziellen Bürgerfestbühne aufgetreten, sondern auf einer privaten Bühne. Guerilla ist nicht meine Art und Weise. Meinen bisherigen öffentlichen Auftritten ist immer eine Einladung vorausgegangen.
„Man muss sich meine Musik ja nicht gezwungenermaßen anhören“
Nicht wenige Leute, die bereits in den Genuss Ihrer Gesangskünste kommen durften, behaupten ja, dass Ihre Stimme – sagen wir mal – noch weiter ausbaufähig sei. Was entgegnen Sie Ihren Kritikern?

Seit Mai 2008 ist Josefa Schmid ehrenamtliche Bürgermeisterin der 3.000-Einwohner-Gemeinde Kollnburg.
Ich akzeptiere die Meinungsfreiheit in unserem Land – und ich lebe nach dem bayerischen Motto: Leben und leben lassen. Ich singe in meiner Freizeit – das erklärt meiner Meinung nach eh schon alles. Man muss sich meine Musik ja nicht gezwungenermaßen anhören, wenn man’s nicht will (lacht)… Besonders interessant ist dabei ja zu beobachten, dass gerade diejenigen, die meine Person und meine Musik angeblich so gar nicht interessiert, sich in irgendwelchen Social-Media-Kommentaren am intensivsten über mich aufregen… Mich amüsiert das (lacht)…
Welche Ziele verfolgen Sie als nächstes für Ihre Musikkarriere?
Ich habe keine stringenten Karriere-Pläne. Ich pflege mein Hobby durchaus – und bin demnächst auch wieder im Tonstudio. Ich arbeite auch daran, dass sich mein Gesang weiterentwickelt. Mein Ziel ist es, wie gesagt, bei einem etablierten Musiklabel einen Platten-Vertrag zu bekommen und dann ein Album zu veröffentlichen.
Könnten Sie sich vorstellen, auch einmal bei DSDS mitzumachen?
Vorstellen kann ich mir vieles, aber mein Ziel ist es, einmal in einer Unterhaltungssendung à la Silvesterstadl oder ZDF-Fernsehgarten aufzutreten. Und das finde ich jetzt auch nicht so unrealistisch – das haben auch schon andere geschafft.
„Wollte weg von dem, was die Leute musikalisch von mir erwarten“
Bleibt bei der vielen Arbeit und der Musik eigentlich auch noch Zeit für eine Partnerschaft?
Ich bin mit der Gemeinde verheiratet (lacht)…
Zuletzt machten Sie mit einen pompösen Musikvideo, aufgenommen im Konzerthaus in Blaibach, auf sich aufmerksam. Wie ist es dazu gekommen?
Mich hat dieses Konzerthaus auf dem Land, dieses ‚Wunder von Blaibach‘, seit jeher fasziniert. Mein Gedanke war, dass das eine interessante Verknüpfung ergeben würde – die singende Bürgermeisterin tritt im Konzerthaus in Blaibach mit einer Bigband auf. Ich wollte weg von dem, was die Leute musikalisch von mir erwarten. Weg vom Schlager, von der Volksmusik, hin zum Swing, Jazz.
Abschließende Frage: Ihnen ist bewusst, dass Sie mit Ihren Aktionen und Auftritten polarisieren. Wie gehen Sie mit den vielen negativen Stimmen Ihnen gegenüber um?
‚Viele‘ sind ja wohl eine Übertreibung. Offenbar hat aber manch einer ein Problem damit, dass ich nicht in eine Schublade passe, dass ich nicht bin, wie sie meinen, dass ich sein sollte. Dabei tut es der Politik gut, dass nicht alles stereotyp ist.
Sie sagen, dass Sie aus der Menge der grauen Eminenz herausstechen – sehen Sie sich selbst ein kleines bisschen als Revoluzzerin?
Ich bin von meinem Lebenslauf her jetzt nicht unbedingt die typische Bayerwäldlerin, das stimmt – sonst hätte ich wahrscheinlich tatsächlich schon eine Familie und würde ein etwas zurückgezogeneres Leben führen (lacht). Ich sehe mich im positiven Sinne als Revoluzzerin. Ich möchte eine Visionärin sein. Ich hätte gerne irgendwann noch einmal ein Amt, bei dem ich in größeren Einheiten denken kann, zum Beispiel im Landtag.
Vielen Dank für das interessante Gespräch – und weiterhin alles Gute.
Interview: Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer