Drachselsried. Dank der größtenteils verregneten Sommermonate war die „Lindenwirt„-Küche auch zur schönsten Jahreszeit angenehm temperiert. Bei sieben Asylbewerbern eines Regener Betriebsintegrationskurses bildeteten sich dennoch die Schweißperlen auf der Stirn: Sie befanden sich inmitten des Fastenmonats Ramadan. Wenn tagsüber kein Schluck Wasser erlaubt ist, kommt es einer Glaubensprobe gleich, der Küchenbrigade in Unterried (Gemeinde Drachselsried) bei ihren himmlisch-g’schmackigen Kreationen zuzusehen. Kein Grund jedoch, sich im Rahmen des Ausbildungsbesuchs nicht umfassend über die Hotelfach- und Gastronomiebranche zu informieren.
„Nach der dualen Ausbildung können sie überall anfangen“

Der 18-jährige Aftab Khan, gebürtiger Pakistani und seit September Auszubildender im Hotel „Lindenhof“ in Unterried, lebt seit gut anderthalb Jahren in Weißenstein. Foto: Lange
„Lindenwirt“-Inhaber Christian Geiger nahm sich viel Zeit und beantwortete geduldig jede Frage der Männer. Er stellte zwar Wochenend- und Feiertagsarbeit in Aussicht, wusste jedoch: „Wenn Sie die drei Jahre in dualer Ausbildung – mit allen praktischen und theoretischen Feinheiten – absolviert haben, können Sie überall anfangen, weltweit. Deutschland ist hier wirklich tonangebend.“ Dies beeindruckte die sieben Teilnehmer sichtlich. Die meisten befinden sich im klassischen Ausbildungsalter – unbegleitete minderjährigen Flüchtlinge aus den Wohngruppen „Vita Futura“ in Regen/Weißenstein und „Jufiz“ in Zwiesel. Einige ältere Herren leben in einer Unterkunft im Regener Bürgerholz.
„Hier gibt es viele harte Schicksale“, erzählt VHS-Kursleiter Alfred Dahlke. „Es ist besonders schlimm, wenn man arbeits- und integrationswilligen Menschen Perspektiven schaffen möchte, dies allerdings nicht kann. Heute ist deshalb ein guter, ein vielversprechender Tag.“ Dahlke und seine Kollegin Johanna Brunner-Rinke von der Kreisentwicklungsgesellschaft Arberland REGio GmbH haben den Betriebsbesuch initiiert. In ihrer Arbeit werden sie von der Ausbildungsinitiative „Fit for Work“ des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration sowie vom bundesweiten Fördernetzwerk „IQ“ unterstützt. „Dieses steht für Integration durch Qualifikation“, erklärt Brunner-Rinke. „Wir möchten die Arbeitsmarkteingliederung von Migrantinnen und Migranten verbessern. Langfristig haben wir sowohl den Fachkräftemangel als auch die demographische Entwicklung im Landkreis Regen im Blick.“
„Die Gastronomie ist eine internationalen Branche“
Für einen der jungen Männer ist der Ausbildungstraum nun wahr geworden: Der 18-jährige Aftab Khan lebt seit gut anderthalb Jahren in Weißenstein. Seine afghanischen Mitbewohner freuen sich jedes Mal sichtlich, wenn er ihnen in der Küche etwas zubereitet – schließlich gibt es das „weltbeste Hühnchen“ nicht überall. „Für mich ist das normal“, erklärt Aftab mit einem Schulterzucken. „Wenn meine Mama früher nicht daheim oder krank war, bin ich eingesprungen.“ Zunächst machte der gebürtige Pakistani ein Praktikum in Unterried. Hier stellte Aftab sein Talent unter Beweis, weshalb ihm Hotelchef Geiger im September eine Lehrstelle anbot. Seither schneidet, brutzelt und backt er als „Apprentis“ in der Lindenwirt-Gourmetküche. Aftab strahlt: „Hier zu sein ist für mich etwas ganz Besonderes. Das Kochen macht großen Spaß und die Kollegen sind alle nett – und so lustig!“
Inhaberin Maria Geiger erzählt, dass bei den morgendlichen Vorbereitungen in der Küche gerne Musik gehört wird. „Unlängst waren das ganz besondere Klänge. Afghanische Musik. Wir lernen jeden Tag etwas Neues kennen.“ Auf den Umstand angesprochen, dass längst nicht jeder Arbeitgeber Asylbewerbern offen gegenübersteht, reagiert Christian Geiger verwundert: „Die Gastronomie ist eine internationalen Branche. Da ist Aufgeschlossenheit noch nicht einmal politisch motiviert. Ich war selbst eine ganze Weile im Ausland – quasi als Ausländer unter Ausländern. Jeder, der lernwillig ist, sich die Ärmel hochkrempelt und mit einem Lachen auf Menschen zugeht, ist willkommen. Menschen wie Aftab können wir immer gebrauchen.“
da Hog’n